In der Großstadt Glasgow, Schottland gab es eine 1625 gegründete Zunft der Gärtner und Gemüsehändler. Den Gärtnern und anderen freien Berufsgruppen war es aber in kleineren Städten oder in Dörfern (engl. burgh; ital. borghi) nicht möglich, eine Gilde oder Zunft nach dem Glasgower Vorbild zu gründen. Obwohl es Hinweise gibt, dass die Freigärtner bereits wenige Jahre vor der Zeitenwende um 1600 informell und spekulativ gearbeitet haben sollen, ist der früheste schriftliche Nachweis neben der erwähnten Glasgower Gilde in einem Haddington Protokollbuch von 1676 zu finden.
16. August 1676
Das bekannteste Zeugnis der modernen Freigärtnerei ist das Protokoll der am 16. August 1676 gegründeten Freigärtnerloge »Ancient Fraternity of Free Gardeners of East Lothian« in Haddington, das mit einer Zusammenstellung von fünfzehn Pflichten beginnt, die als Interjunctions for ye Fraternity of Gardiners of East Lothian bezeichnet werden. Sie ist als die erste Mutterloge der spekulativen Gärtnerei, d.h. der modernen Freigärtnerei zu verstehen. In diesem Protokoll findet sich der erste spekulative Freigärtner-Katechismus. Zeitnah findet sich auch der erste Freimaurer-Katechismus im Edinburgh Register House Manuscript von 1696 wieder.
Die ersten Mitglieder der Freigärtnerloge in Haddington waren keine Berufsgärtner, sondern kleine Grundbesitzer und Landwirte, die zum Vergnügen Gartenarbeit betrieben. Zudem kam das Interesse reicher Grundbesitzer an der Renaissance-Architektur und an der repräsentativen Gestaltung ihrer riesigen Ländereien hinzu.
Keine Gilde oder Zunft
Sie konnten nie den Status einer Gilde oder Zunft erlangen, weil sie keinen städtisch anerkannten Beruf ausübten. Die in Haddington gegründete Freigärtnerloge könnte als primitive Form einer Genossenschaft angesehen werden.
Hauptziele waren u.a. die gegenseitige Hilfestellung unter den Mitgliedern und ihren Familien sowie ein besonderes Wissen zu pflegen und weiterzugeben. Sie organisierten die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern, boten praktische Ausbildung, moralische Formung an und unterstützten die Armen, Waisen und Witwen. Sie dienten auch zur Stellenvermittlung, zur Stellensuche, zum Erfahrungsaustausch sowie zum Handel mit Samen und Pflanzen.
Blumenausstellungen ab 1772
Die Freigärtnerlogen waren die ersten, die ab 1772 Blumenausstellungen veranstalteten und damit einen gesunden Wettbewerb unter den Mitgliedern anspornten. Sie fanden immer mehr Zulauf und all jene, die sich nicht in einer Gilde oder Zunft zusammenfinden durften, wie Händler, Soldaten, Ärzte, Rechtsanwälte und freie Handwerker kamen dort zusammen. Sie verbanden alle Berufszweige auf gleichberechtigte Weise miteinander, auch wenn Berufsgärtner einen niedrigeren Mitgliedsbeitrag zu zahlen hatten als Berufsfremde.
Die Freigärtnerlogen gelten heute noch als karitative ständeübergreifende Vereinigungen.
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